Wollefsgriecht

Datenquelle: Eddy&Rita

Beschreibung

Südwestlich der "Haardt", unweit der Quellen des "Hunnebour", wo der Legende nach einst der Hunnenkönig Attila vor vielen hundert Jahren seine Pferde tränkte, liegt der "Wollefsgriecht". Dieser Flurname stammt von einem Rudel Wölfe, die hier vor langer Zeit lebten und ihr Unwesen trieben. Die Sandsteinfelsformation, deren dunkle Schlucht Schutz und Sicherheit für die Tierwelt bot, scheint von Zeit und Geschichte nahezu unberührt zu sein. Die Heimatgeschichte sagt nichts über die tödliche Gefahr, der sich die Menschen in jenen turbulenten Zeiten aussetzten, als sie das unwegsame Gebiet des "Merschwaldes" betraten, um dem einzigen Waldweg, der hier verlief, einer alten, stillgelegten Römerstraße, zu folgen, um ihr Ziel zu erreichen. Warum sollten wir dann der Legende das Recht absprechen, mit uns zu sprechen? Mit Figuren wie denen von Meister Isegrim regt sie die Fantasie an und schafft es allzu oft, die Illusion der Dunkelheit der Vergangenheit aufzuheben.

Unsere legendäre Geschichte spielt zur Zeit der Französischen Revolution, als die Wölfe aus Angst vor dem Kriegslärm in den Ardennen in Rudeln in die Wälder unserer Heimat eindrangen. Seitdem ist in Mersch fast täglich das klagende Heulen eines Wolfsrudels zu hören. Das Rudel hatte sich auf dem Gipfel der "Haardthöhe" niedergelassen. Der führende Wolf, eine mächtige Räuberfigur voller Mut und Beweglichkeit gepaart mit Gerissenheit und überdurchschnittlicher Intelligenz. Die Einheimischen nannten den Wolf fast ehrfürchtig "Balafre". Diesen Spitznamen erhielt er wegen einer Narbe, die sich von der Kehle des mächtigen Wolfskopfes bis zu seinem linken Ohr erstreckte. Die Wunde gehörte "Hiebzahn", einem alten, mürrischen, dunkelhaarigen Wildschwein. Letzterer hatte sich als Einsiedler auf dem "Hellebrenner" niedergelassen, einen Steinwurf vom Mamer entfernt bei den "Hunnebours".

"Balafré" setzte seine Raubzüge in den Merscher Wald und darüber hinaus mit seinem etwa achtköpfigen Rudel fort. Es ist bekannt, dass Wölfe an einem einzigen Tag eine Strecke von mehr als 50 km zurücklegen können, ohne die geringsten Anzeichen von Ermüdung zu zeigen. Im Sommer begnügten sich die Wölfe mit tierischem Fleisch auf ihrem Speiseplan, aber wenn nötig, vor allem im harten Winter, griffen sie auch Menschen an.

Aber auch für die meisten Wölfe aus dem Wollefsgriecht waren die Tage gezählt. Und so geschah es: Ein russischer Stabsoffizier hatte aus dem Quartier im Servatius-Haus in Mersch eine Nachricht an ein Regiment in der Nähe von Mamer zu übermitteln. Der berichterstattende Reiter ist nie hier angekommen. Sowohl die Militärpolizei als auch der Armeekommandant ließen den Vorfall untersuchen, aber alle Ermittlungen blieben erfolglos. Schließlich stellte sich heraus, dass der Offizier, der seiner Route gefolgt war, höchstwahrscheinlich ein Opfer von "Balafré" geworden war. Als der Stabsoberst dies erkannte, befahl er einer Kompanie Kosaken, auf Patrouille zu gehen, um dem Wolfsgespenst auf der "Haardt" endlich ein Ende zu bereiten, von dessen Missetaten er nun durch die Vorbereitungen der Merscher Einwohner hinlänglich unterrichtet worden war. Kaum hatten sie die Haardthöhe erreicht, wurden sie von den hungernden Wölfen angegriffen. Die Soldaten brüllten ihren Schlachtruf "U-rä", der den schrecklichen "A-u-iii-ju-u-u"-Ruf der Wölfe fast übertönte. Mit Säbel und Pistole in jeder Hand warfen sich die Kosaken auf ihren Steppenpferden auf die Wölfe. Berauscht von der Lust zu kämpfen, streckt der Anführerwolf seine Beine aus, um auf einen der Angreifer zu springen. Er reißt den Mund weit auf, um seine schrecklichen Zähne in den Hals des Soldaten zu bohren. Doch ein auffälliger Säbel bläst an Schnauze und Auge des alternden Anführerwolfs vorbei und gleichzeitig schießt ein anderer Soldat dem gefallenen "Balafré" mitten ins Herz. Das blitzschnelle Schauspiel zwischen den Kosaken und den Wölfen währte nicht lange. Die Kosaken brachten ihrem Feldherrn sechs schöne Wolfsfelle als Geschenke, deren langes Haar glänzend, dicht und weich war. »Guter Wintermantel, Oberst«, scherzten die Soldaten, »damit können Sie in Eis und Schnee gut und warm schlafen.«

"Balafré, der führende Wolf, hatte mit seiner Familie, von der nur zwei Mitglieder entkommen konnten, ein ziemlich unrühmliches Ende gefunden. Nach dieser dramatischen Schlacht an der Haardt irrten die beiden Überlebenden noch einige Zeit in den Wäldern von Mersch umher, scheuen sich aber seither vor einem offenen Kampf mit dem Volk. Sie wandten sich nun den Schafen des Herrn von Schönfels zu, die unter der Aufsicht eines alten Schäfers auf der Mamerwiese unterhalb des Schönfelser Waldes weideten. Tiere, die weit weg von der Herde weideten, wurden zu einer leichten Beute für sie. Nur im Winter knurrten ihre Mägen vor Hunger. Die Schafe fanden sich dann in der "Schaffarm" wieder, die von einer hohen Mauer umgeben war, die speziell zum Schutz vor Wölfen errichtet wurde. Trotzdem hörte man auf dem Gipfel des Berges oft unheimliche Geräusche, die vom Nordwind getragen wurden und bis ins Dorf reichten. Sie begannen drohend zu bellen, schwoll zu einem schmerzhaften Wehklagen an und verschwanden dann wimmernd in der Abenddämmerung. Es war nicht ratsam, sich von der Dunkelheit in den Tiefen des Schönfelser Waldes überraschen zu lassen.

Das ist die Geschichte von dem schönen Exemplar eines Wolfes, dessen scharfes Geheul die Menschen erschaudern ließ: "Balafré", der Prinz des Merschwaldes, die Personifizierung des Waldes, der durch seine Urkraft und Schönheit zum Leben erweckt wurde.

Vor hundert Jahren schickten die Menschen endlich den letzten Wolf hierzulande in ihre ewigen Jagdgründe.

PS.: Der vollständige, ungekürzte Text dieser Legende ist in "Mierscher

Gemengebuet", Nr. 71, erschienen im Juni 2005.

Roger Hilbert

Übersetzt aus dem Deutschen

Quelle: Info-Panel

Übersetzt von Azure

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